Tendinitis oder Tendinose?

Tendi…was? Den meisten sind wohl Begriffe wie Tennis- oder Golferellenbogen geläufiger. Aber was verbirgt sich dahinter, wie kommt es dazu, wie unterscheiden sich die beiden und am Wichtigsten: was kann ich dagegen tun? Die Antworten gibt es hier.

Welche Struktur ist betroffen?

Eine Tendinitis beziehungsweise eine Tendinose beschreiben verschieden Veränderungen an einer Sehne (Tendo = lat. für Sehne). Eine Endung auf -itis beschreibt in der Medizin immer einen entzündlichen Prozess. Nosos = griechisch. für Krankheit. Die Übersetzung liefert uns also leider noch keine Antwort auf unsere Fragen.

Also schauen wir noch einmal etwas genauer hin:

Merkmale einer Tendinitis:

  • Erwärmung
  • Ruhe-/Dauer-/Nachtschmerz
  • Schwellung
  • in der Folge kann es zu Bewegungseinschränkungen kommen

Merkmale einer Tendinose:

  • Schmerzen
  • Bewegungseinschränkungen

Es gibt also durchaus Gemeinsamkeiten, aber die typischen Entzündungszeichen tauchen bei der Tendinose eben nicht auf. Für die Behandlung macht das natürlich einen wesentlichen Unterschied aus. Wo ich eine akute Entzündung ruhigstellen muss, werde ich bei der Tendinose damit keinen großen Erfolg haben.

Grundsätzlich kann jede Sehne betroffen sein, hier einige der häufigsten Lokalisationen:

  • Ellenbogen Außenseite (Unterarm Extensoren)
  • Ellenbogen Innenseite (Unterarm Flexoren)
  • Knie (Patellasehne)
  • Schulter (Bizepssehne)
  • Ferse (Achillessehne)

Wie entsteht eine Tendinits?

Einer akuten Entzündung geht in der Regel eine mechanische Überlastung der Sehne voraus. Dabei kann die Überlastung kurzfristig entstehen oder sich auch über einen längeren Zeitraum entwickeln. Mögliche Ursachen:

  • Schlägersportarten (Tennis, Golf, Squash)
  • Griffintensive Tätigkeiten (Bouldern)
  • Ungewohnte Belastung (intensives Hecken schneiden, einmal im Jahr)
  • Einseitige Belastung (Tastatur und Maus)
  • Lauf- und sprungintensive Sportarten (Fußball, Basketball)

In Folge der mechanischen Überlastung können Mikrorisse an der Sehne entstehen, welche eine wichtige physiologische Reaktion verursachen: die Entzündung. Eine Entzündung ist erstmal nichts schlimmes, sondern ist bereits der erste Teil eines regulären Heilungsprozesses. Die Durchblutung und der Stoffwechsel werden lokal erhöht, was dafür sorgt, dass beschädigtes Gewebe entfernt wird und schnell neues Gewebe eingebaut wird um die Verletzung zu schließen. So weit, so gut. Kommt es nun wieder zu einer hohen mechanischen Belastung, kann sich dieser Heilungsprozess verlängern. Das kann man beispielsweise im Winter gut beobachten, wenn durch Kälte die Haut an den Händen aufreißt. Wenn man nicht anfängt die Hände einzucremen und durch die Feuchtigkeitszufuhr die Elastizität der Haut verbessert, kann es einige Zeit dauern, bis diese „Verletzungen“ verheilen, da es durch die erhöhte Spannung der Haut immer wieder zu mechanischen Belastungen kommt.

Bei einem optimalen Heilungsverlauf dauert die Entzündungsphase nicht länger als 14 Tage.

Was wenn die Entzündung länger dauert?

In der Regel wird man nicht direkt am Montag zum Arzt gehen, wenn man es am Samstag mit der Gartenarbeit übertrieben hat. Wie erwähnt werden bei keinem erneuten mechanischen Reiz und schmerzbedingter Ruhigstellung die Beschwerden progressiv besser und sind bald schon vergessen. Falls einem die Beschwerden länger erhalten bleiben, wird man sich irgendwann ärztlichen Rat einholen. Die Diagnose wird in der Regel über eine Anamnese und eine Palpation der betroffenen Körperregion gestellt. Gegebenenfalls kann je nach Lokalisation noch ein bildgebendes Verfahren genutzt werden, ist meist jedoch nicht notwendig. Je nach Dauer und Intensität der Schmerzen wird der Arzt eine Ruhigstellung mit einer Orthese, in Kombination mit NSAR (Ibuprofen, Diclofenac) verordnen. Eventuell gibt es auch noch ein Rezept zur Physiotherapie. Also Konsequenz sollte natürlich die auslösende Belastung vermieden, beziehungsweise langfristig modifiziert werden um ein rezidives Auftreten zu vermeiden.

Was wenn die Entzündung NOCH länger dauert?

Sollten die Beschwerden tatsächlich über mehrere Wochen oder gar Monate trotz Ruhigstellung und medikamentöser Therapie anhalten, gilt es noch einmal einen Blick auf die genauen Symptome zu werfen. Sind tatsächlich immer noch alle Parameter einer akuten Entzündung vorhanden (Ruhe- Dauer- Nachtschmerz, lokale Erwärmung, Schwellung)? Falls ja, ist spätestens jetzt ein bildgebendes Verfahren angebracht (MRT). Sollten sich die Parameter allerdings geändert haben und „nur noch“ der Schmerz und eine Bewegungseinschränkung vorhanden sein, müssen wir eventuell an eine Tendinose denken.

Wie entsteht eine Tendinose?

Eine Tendinose kann man wenn man so will, als unbeliebten Nachfolger der Tendinitis bezeichnen. In den allermeisten Fällen, läuft der Heilungsprozess vollkommen physiologisch ab. Aber sag niemals „nie“ und speziell in der Medizin, niemals „Alle“. Bedeutet, wenn ich anhaltende Beschwerden, über einen längeren Zeitraum an einer Sehne habe und keine Anzeichen einer akuten Entzündung mehr vorhanden sind, muss ich davon ausgehen, dass sich die betroffene Sehne strukturell verändert hat.

Was ist schief gelaufen?

Zunächst muss man sagen, dass man vermutlich recht wenig dafür kann, wenn eine Tendinose entsteht. Es gibt einige Faktoren, welche die Entstehung begünstigen können, aber meistens ist es einfach Pech.

Im physiologischen Heilungsprozess, mit dem wir uns vorhin beschäftigt haben, sind Blutgefäße in den Bereich der verletzten Sehne eingesprosst. Diese Sorgen für eine bessere Durchblutung und somit für eine optimale Versorgung. Ist die Sehne strukturell wieder repariert (es ist bindegewebliches  Narbengewebe entstanden), werden die zusätzlichen Blutgefäße nicht mehr benötigt und der Körper kann sie dort wieder abbauen. Bei einer Tendinose geschieht dies eben nicht. Was zunächst nicht weiter tragisch ist. Allerdings wachsen irgendwann an diesen Blutgefäßen feine Nervenendigungen entlang. Und ein Überschuss an Nervenendigungen in einer Sehne, kann unter Umständen ein Problem sein. Durch die erhöhte Empfindlichkeit werden ansonsten normale Belastungen, vom Körper als hohe mechanische Belastung wahrgenommen. Die Sehne wird sensibler, was Schmerzen und Bewegungseinschränkungen bedeuten kann, aber eben keine akute Entzündung.

Die fehlende Entzündung ist nun auch Gradmesser, wie ich mit der Tendinose umzugehen habe. Wo ich ansonsten Belastungen eher vermeiden sollte, muss ich bei der Tendinose das genaue Gegenteil machen:

Die Sehne muss wieder belastbarer werden, ich muss sie sozusagen desensibilisieren.

Die richtige Therapie

Nun wissen wir, dass sich die Therapie bei einer Tendinitis im Vergleich zu einer Tendinose unterscheiden sollte. Am Besten fassen wir es hier nochmal zusammen:

Therapie Tendinitis:

  • Ruhigstellen
  • Ggf. Kühlung
  • Medikamentöse Behandlung
  • Belastungsmodifikation
  • Physiotherapie
  • Orthese

Bei akuten Beschwerden zunächst die PECH Regel anwenden: Pause, Eis, Compression, Hochlagern. Bei mittelfristig anhaltenden Beschwerden ärztlichen Rat einholen.

Therapie Tendinose:

  • Exzentrisches Training!
  • Kräftigung
  • Optimierung des Bewegungsablaufs
  • Koordination
  • Symptombezogene Schmerzmodifikation

Bei länger anhaltenden Beschwerden, an eine Tendinose denken, ebenfalls ärztlichen Rat einholen und individuelles Trainingsprogramm erstellen. Wir helfen Dir auf jeden Fall gerne beim Aufbautraining und Rehabilitation um wieder 100% einsatzfähig zu sein.